Dienstag, 11. September 2007

Nachtrag zu "Yo pisaré las calles nuevamente..."

Nachtrag mit mehr Text. Es ging mir unten vor allem um das Lied, bei dessen Liveaufnahme von Pablo Milanés ich bei 1'33 min - nach dieser Youtube-Version gemessen - jedes jedes jedes Mal Gänsehaut bekomme. Das Video ist Beiwerk, die Wahl fiel nur auf diese Version, weil sie außer aneinandergefügten Fotos auch Filmsequenzen hat. Beiläufig zeigt der Film einige der Großen; abgesehen von Allende, um den es (im Video) ja geht, im Schlussbild natürlich Neruda, vorher zum Beispiel Víctor Jara (0'33 - 0'37, im schwarzen Pullover rechts) und Violeta Parra (0'50 - 0'52). Zwei Sekunden lang ist ein Plattencover der Gruppe Illapu zu sehen (0'56 - 0'58), und der rechte der drei sitzenden Musiker ist Patricio Valdivia ("el Pato Valdivia"). Keiner der ganz großen Berühmtheiten, aber ihn habe ich in Santiago kennengernt; zwei Wochen vor seinem Tod waren wir mit 'meinem' Dichter und einem weiteren Schriftsteller zusammen Mittag essen. Drei Freunde, die mich mitnahmen zu einem spontanen und ganz privaten Mittagessen in einem versteckten Restaurant der Feuerwehr. Ich hatte Patricio gegenüber gegessen. Am Morgen dieses Tages war ein Gründungsmitglied von Illapu gestorben, wie er uns erzählte, er war gleichzeitig still und aufgewühlt, traurig und voller Energie – Trauer um den Freund, Wut, die er von einer politischen Veranstaltung am Vormittag mitbrachte, und im Umgang mit seinen Freunden war er warm und zärtlich.
Zwei oder drei Wochen später war auch Patricio Valdivia tot, an Herzstillstand gestorben, an "gebrochenem Herzen", sagte F. Mein Brief-Tagebucheintrag vom 27.10.2005 endete so:
"Ich kannte ihn kaum, aber ich habe ihn in einem sehr emotionalen Moment kennen gelernt, und auch wenn dieser Augenblick mit dem Tod zu tun hatte, schien er selbst doch fern davon zu sein. Voller Wut und Trauer und anderen Dingen, und voller Leben, und auch gar nicht alt. Schwer zu fassen."
Patricio Valdivias Tod hat mit dem 11. September nichts zu tun, auch wenn ich mir damals angesichts seiner merkwürdig vernarbten Handflächen Gedanken machte, was ihm wohl widerfahren sein mochte in der Diktatur.
Diese Mischung aus Zärtlichkeit, Wut, Enthusiasmus und Tod zieht sich allerdings durch viele der Berichte über und aus Chile, die ich gerade sehe und lese. Abendlektüre ist im Moment Canto truncado, die von seiner Frau Joan Jara verfasse Biographie Víctor Jaras. Und wenn man recht vertraut ist mit ihnen, haben sie auch ihn schon umgebracht.
Yo pisaré las calles nuevamente /
de lo que fue Santiago ensangrentada, /y en una hermosa plaza liberada /me detendré a llorar por los ausentes...

Perdonen que sea llorona.

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