In Anlehnung an Merlixens Serie "Neu auf dem Nachttisch", die auch die Schnellleser unter uns mit einem Gefühl zwischen Atemlosigkeit und Unglauben verfolgen, probiere ich hier nun die neue Kategorie "Zurück ins Regal" aus. Das Vorhaben ist umgekehrt, ich kommentiere das jeweilige Buch dann, wenn ich es ausgelesen habe und ins Regal (zurück-)räume. Auf ausführliche Rezensionen verzichte ich, sonst werde ich allein aus Bedenken vor der anstehenden Schreibaufgabe gar nichts mehr zu Ende lesen. Eine kurze und streng subjektive Einschätzung will ich aber versuchen; vermerkt werden außerdem linker und rechter Nachbar auf dem Regalbrett.
(Vorschläge für einen besseren Titel für diese Serie? Wenn es denn eine wird?)
Um das noch frische Jahr vollständig zu erfassen (Bücherlisten führe ich sonst ja nur zu wissenschaftlichen Zwecken), heute gleich zwei Bücher, die in diesen Tagen vom Nachttisch zurück ins Regal gewandert sind.
[1] Jeffrey Eugenides: Die Selbstmord-Schwestern (Rowohlt 2005), übersetzt von Mechthild Sandberg-Ciletti
Nachdem Middlesex meine verspätete Entdeckung des Jahres 2008 war und ich mitten in der Schlussphase der Diss nachts nicht aufhören konnte, Eugenides zu lesen, habe ich mir dieses als "Sein bestes Buch" beworbene zusammen mit diversen Weihnachtsgeschenkbüchern selbst gekauft, im Einpackwahn auch für mich selbst einen silbernen Stern über den Preis geklebt und es - parallel zu zwei weiteren Büchern allerdings - unterm Weihnachtsbaum begonnen.
Ein Ich- oder Wir-Erzähler rekonstruiert ein Jahr seiner Jugend, in dessen Zentrum die im Titel genannten Schwestern und ihre Selbstmorde stehen. Auf beiden Zeitebenen eine Annäherung an jene Monate und an die für den Erzähler und seine Freunde so faszinierenden wie unerklärbaren fünf Mädchen.
An Seitenumfang, aber auch an Sprachwucht, Geschichte und Sog kommt es nicht an Middlesex heran, dennoch: gern gelesen.
Die Selbstmord-Schwestern stehen nun zwischen Jeffrey Eugenides: Middlesex und Harry Mulisch: Die Entdeckung des Himmels.
[2] Tilman Rammstedt: Der Kaiser von China (DuMont 2008)
Wenn man einen Autor kennt, auch wenn dieses Kennen schon ein wenig her ist, liest man - lese ich - die Texte mit einer leichten Nervosität, mit leiser Sorge vor Enttäuschung. Ich bin wirklich froh, dass nicht nur Tilmans Erstling Erledigungen vor der Feier gut war, die Klagenfurtlesung habe ich gebannt verfolgt und mich erst sehr über den Text, dann hüpfend über beide Preise gefreut.
Der Roman beginnt mit dem furiosen Klagenfurt-Text, und beim leisen Lesen war ich zunächst angetrieben von seinem Tempo beim Vortrag. Insgesamt gefallen mir die Teile besser, die in Deutschland spielen, die China-Briefe nehmen aber im Verlauf der Handlung immer mehr Raum ein. Der Text ist gut, er funktioniert so, wie er ist, aber ich habe ihn insgesamt nicht ganz so begeistert beendet wie begonnen.
Der Kaiser von China steht nun zwischen Tilman Rammstedt: Wir bleiben in der Nähe und Inge Merkel: Eine ganz gewöhnliche Ehe. Odysseus und Penelope. (Bei letzterem macht übrigens schon das Vorwort glücklich.)
(Vorschläge für einen besseren Titel für diese Serie? Wenn es denn eine wird?)
Um das noch frische Jahr vollständig zu erfassen (Bücherlisten führe ich sonst ja nur zu wissenschaftlichen Zwecken), heute gleich zwei Bücher, die in diesen Tagen vom Nachttisch zurück ins Regal gewandert sind.
[1] Jeffrey Eugenides: Die Selbstmord-Schwestern (Rowohlt 2005), übersetzt von Mechthild Sandberg-Ciletti
Nachdem Middlesex meine verspätete Entdeckung des Jahres 2008 war und ich mitten in der Schlussphase der Diss nachts nicht aufhören konnte, Eugenides zu lesen, habe ich mir dieses als "Sein bestes Buch" beworbene zusammen mit diversen Weihnachtsgeschenkbüchern selbst gekauft, im Einpackwahn auch für mich selbst einen silbernen Stern über den Preis geklebt und es - parallel zu zwei weiteren Büchern allerdings - unterm Weihnachtsbaum begonnen.
Ein Ich- oder Wir-Erzähler rekonstruiert ein Jahr seiner Jugend, in dessen Zentrum die im Titel genannten Schwestern und ihre Selbstmorde stehen. Auf beiden Zeitebenen eine Annäherung an jene Monate und an die für den Erzähler und seine Freunde so faszinierenden wie unerklärbaren fünf Mädchen.
An Seitenumfang, aber auch an Sprachwucht, Geschichte und Sog kommt es nicht an Middlesex heran, dennoch: gern gelesen.
Die Selbstmord-Schwestern stehen nun zwischen Jeffrey Eugenides: Middlesex und Harry Mulisch: Die Entdeckung des Himmels.
[2] Tilman Rammstedt: Der Kaiser von China (DuMont 2008)
Wenn man einen Autor kennt, auch wenn dieses Kennen schon ein wenig her ist, liest man - lese ich - die Texte mit einer leichten Nervosität, mit leiser Sorge vor Enttäuschung. Ich bin wirklich froh, dass nicht nur Tilmans Erstling Erledigungen vor der Feier gut war, die Klagenfurtlesung habe ich gebannt verfolgt und mich erst sehr über den Text, dann hüpfend über beide Preise gefreut.
Der Roman beginnt mit dem furiosen Klagenfurt-Text, und beim leisen Lesen war ich zunächst angetrieben von seinem Tempo beim Vortrag. Insgesamt gefallen mir die Teile besser, die in Deutschland spielen, die China-Briefe nehmen aber im Verlauf der Handlung immer mehr Raum ein. Der Text ist gut, er funktioniert so, wie er ist, aber ich habe ihn insgesamt nicht ganz so begeistert beendet wie begonnen.
Der Kaiser von China steht nun zwischen Tilman Rammstedt: Wir bleiben in der Nähe und Inge Merkel: Eine ganz gewöhnliche Ehe. Odysseus und Penelope. (Bei letzterem macht übrigens schon das Vorwort glücklich.)
Das ist ein sehr löblicher Beschluß, so eine Rubrik. Man muß ja irgendwoher Anregungen bekommen.
AntwortenLöschenSie könnten auch noch den letzten Absatz zitieren, der schönen Ordnung wegen.
AntwortenLöschen@merlix werde mich um Konstanz bemühen.
AntwortenLöschen@nicwest das hatte ich auch gedacht, den Gedanken dann aber wegen Spoiler-Verdacht und Verrätertum verworfen. Soll ich?
Und wenn ich den Schlussabsatz im Kommentar veröffentliche? (Dann guckt aber keiner, der sich überraschen lassen wollte, in die Kommentare, oder?)
AntwortenLöschenOder gibt es eine Möglichkeit, einen Text hinter einem Link oder so zu verbergen?
Ach, bei guten Autoren steht die Lösung nicht im letzten Satz.
AntwortenLöschenSehr toll! Endlich eine, die sich nicht aus der Verantwortung schleicht! Der feine Herr Merlix mit seinen Anfangssätzen gibt ja nur mit seinem Lesetempo an, sagt einem aber überhaupt nichts über das Buch.
AntwortenLöschenWas mich aber wirklich beschäftigt: wie um alles in der Welt sind Deine Bücher sortiert?
@isabo Meine Bücher sind sortiert nach: Theorie und Sekundärtexte und Lexika im einen Zimmer, Primärtexte im anderen Zimmer.
AntwortenLöschenPrimärtexte sind sortiert nach Spanisch (Südwand) und Deutsch (Nordwand). Beide Gruppen sind unterteilt in Genres, Spanisch von oben nach unten: Lyrik (Chile), Lyrik (Rest), Anthologien, Prosa (alphabetisch nach Autor), Übersetzungen ins Spanische. Deutsch ist sortiert, von links oben nach rechts unten, Mittelhochdeutsch (auf dem Dach des Regals), Aphorismen und Co (Lichtenberg, Jean Paul, ...), Biographien und einzelne Bände über Schreiben, dann Lyrik (erst Anthologien, dann Einzelautoren). Dann Sachbücher (mit Geschichte, Sterbehilfe, Baby & Schwangerschaft, Tango, dann Musikbücher, dann Kunstbücher und Foto/Kunst-Bände.) Die unteren Bretter Reiseführer, Bildbände Lateinamerika, Kochbücher, Comics.
Weiter geht es mit: LIEBLINGSBÜCHER! oder besondere Bücher (signierte Exemplare, wenn nicht Lyrik oder Spanisch, und Herzensbücher), dann Märchen (wegen der besonderen Ausgaben, z.B. "für Percanta Weihnachten 1976"), darunter Klassiker und/oder Uni- und Schullektüre, Autoren stehen immer ordentlich zusammen, darunter weitere Romane (international), auch nach Autoren sortiert, wobei Autornachbarschaften nach Gefühl zusammengestellt sind. Christa Wolf steht z.B. immer neben Anna Seghers. Dann weitere Romane, Schwerpunkt "andere Länder" - von "Jenseits von Afrika" bis zu den unvermeidlichen zig Tangoromanen, die wir die letzten Jahre geschenkt bekamen, dann Krimis. Dann Kruscht & Kram.
Ganz logisch und stringent also!
Deutsch an der Nordwand. Wie subtil.
AntwortenLöschenDas heißt, Ihr habt gar keine deutsche (oder ins deutsche übersetzte) Belletristik, die nicht Lieblingsbücher sind? Und reicht es, wenn ein Buch ein Lieblingsbuch von einem von Euch ist? Und was ihr nicht so toll findet, wird weggeschmissen, oder kommt das unter "weitere Romane international"? Und könnten wir dann auch bitte mitgeteilt kriegen, in welche Kategorie ein Buch sortiert wird? Das ist ja alles ganz erstaunlich.
AntwortenLöschenUnd findest du mit "Autornachbarschaften nach Gefühl" je irgendetwas wieder, was Du suchst?
AntwortenLöschen@isabo doch doch, natürlich haben wir die. Die verteilt sich unter den Lieblingsbüchern, die deutsche oder ins Deutsche übersetzte Belletristik. Bei Klassikern, bei weiteren Romanen, bei internationaler Thematik (das Brett hat sich von allein so zurechtgeruckelt, da stehen auf einmal die ganzen Exotismus-Sachen zusammen, egal, was die Originalsprache ist, dann die schwedischen, österreichischen, italienischen Krimis...)
AntwortenLöschenLieblingsbuch entscheide ich kraft meiner souveränen Willkür. Wenn Percanto will, darf er die CDs umsortieren.
Und natürlich finde ich wieder. Ist ja die nach meinem eigenen Gefühl gefühlte Nachbarschaft. (Parmuk hat noch keinen festen Platz, der steht noch nach Coverfarbe, vielleicht kenne ich seine Nachbarn, wenn ich ihn mal gelesen habe.)
Anna Seghers steht bei uns auch neben Christa Wolfs "Nachdenken über Christa T."! Ist aber purer Zufall, System hat das jedenfalls bei mir nicht. "Der geteilte Himmel" steht nicht nur in einem anderen Regal, sondern sogar in einem anderen Zimmer. Ich glaube, ich sollte auch mal sortieren...
AntwortenLöschenBei mir ist gestern Hanns-Josef Ortheils "Lo und Lu - Roman eines Vaters" zurück ins Regal gewandert. Es ist zwar nicht neu, aber als (relativ) frisch gebackene Mutter habe ich es trotz chronischer Zeitknappheit in drei Tagen gelesen. Wunderschön und ans Herz gehend! Sehr empfehlenswert für werdende und gewordene Eltern.
Anni.