Montag, 23. Februar 2009

Zurück ins Regal [4]

John Irving: Bis ich dich finde.
Übersetzt von Dirk van Gunsteren und Nikolaus Stingl.
Diogenes 2006, gebunden, Mängelexemplar, 1140 Seiten.

(Wie übersetzt eigentlich man zu zweit einen Roman?)

Dieses Buch stelle ich vor Seite 1140 wieder ins Regal, ich bin etwa bei der Hälfte unterbrochen worden und habe dann am 4. Februar zwischen der Einnahme von 25mg und 50mg Wehenmittel zur Geburtseinleitung auf Seite 642 aufgehört zu lesen. Danach hatte ich anderes zu tun, und das hat sich bisher nicht geändert.
Meine Mutter hatte sich zu meiner Geburt Sternstunden der Menschheit von Stefan Zweig mitgenommen. Sie hat im Kreißsaal dann zwar doch nicht gelesen, dennoch bin ich ganz berückt von dem Titel, eine dem Kind sehr (zu sehr, jaja) schmeichelnde Wahl.
Durch den vorzeitigen Blasensprung hatten wir keine Zeit, die Lektüre dem Moment in unserem Leben anzupassen, und Bis ich dich finde ist nicht ganz so großartig wie Sternstunden der Menschheit, aber die Titelworte sind als wegweisende Zeile für eine Geburt doch passend (und deutlich besser als als vieles vom Inhalt).
Was bisher geschah.
Es ist ein Irving, und ich habe mir notiert, wann die ersten Ringer auftauchen und wann die ersten Transvestiten; leider ist der Zettel im Krankenhaus verloren gegangen, es war beides so um Seite 280. Bären sind bisher nicht dabei, dafür außer den Ringern auch Tätowierer und Tätowiererinnen und eine Menge Sexualität in diversen irvingschen Ausprägungen, wie für meinen Geschmack etwas viel sexueller Missbrauch eines kleinen Jungen, dazu Huren, Pornodarsteller, Vaginismus, Tod beim Sex.
Eigentlich geht es um Jack Burns, als Kleinkind, als Schüler im Internat, als junger Mann und Schauspieler, soweit bin ich jetzt, und um die Suche nach seinem Vater, einem Kirchenmusiker und Organisten, der sich Ausschnitte von Musikstücke auf den ganzen Körper hat tätowieren lassen, und um die Mutter des Jungen, die Tätowiererin und das verführte Chormädchen Alice, und um Emma, ein älteres Mädchen, das Jack missbraucht und liebt und die jetzt gerade beerdigt wird.
So ganz weiß ich noch nicht, worauf es hinausläuft. Mein Bruder #1 fand, Bis ich dich finde sei eines der besten Irving-Bücher seit langem, aber da ich vielleicht doch mit was anderem weiterlese, wenn ich wieder wach genug dazu bin, räume ich das Buch jetzt erst einmal ins Regal.
Zitieren möchte ich nur die Widmung, denn die passt gerade:
Für meinen jüngsten Sohn Everett, der mir das Gefühl gegeben hat, wieder jung zu sein. In der inbrünstigen Hoffnung, daß Du, wenn Du alt genug bist, um diese Geschichte zu lesen, eine ideale Kindheit gehabt hast (oder noch mitten in dieser Kindheit steckst), eine gänzlich andere als die hier beschriebene: die beste nur denkbare Kindheit.
Oh ja.

Bis ich dich finde liegt im Moment quer über der Kiste Franz Kafka:
Romane und Erzählungen, über Franz Kafka: Die Verwandlung, Arthur Schnitzler: Therese, Arthur Schnitzler: Der Weg ins Freie, Arthur Schnitzler: Frau Berta Galan und Arthur Schnitzler: Sterben. (Ja, es geht dann noch weiter mit Arthur Schnitzler, und ja, da hab ich mal ein Seminar zu besucht, wie sind Sie darauf gekommen?)

2 Kommentare:

  1. Total tolle Insiderinfo, aus erster Hand von Nikolaus Stingl: Sie haben das Buch in der Mitte geteilt. Da Dirk v. G. als erster anfangen konnte, rein zeitlich, hat er die vordere Hälfte gemacht, und dadurch auch den Ton vorgegeben, und als Nikolaus dann mit seiner Hälfte anfing, konnte er schon etwas von Dirk lesen, um sich dem Ton anzupassen. Und natürlich haben beide das den anderen gegengelesen und sich einander angepasst.

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  2. Danke! Solche Insiderinfos sind WIRKLICH total toll.

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