Donnerstag, 1. April 2010

Ich bin Laborantin

1. Was machst du beruflich?

Ich arbeite bei Carl Zeiss Jena im Labor.

2. Was ist gut – was ist nicht so gut daran?

An meinem Beruf mag ich, dass ich präzise arbeiten muss, dass ich optische Geräte von hoher Qualität herstelle. Zumindest bin ich daran beteiligt. In der Firma arbeite ich an einem sauberen Arbeitsplatz, den ich natürlich akkurat in Ordnung halte, ich muss sehr genau messen, all das liegt mir.
Leider darf ich nur das Handwerk ausüben, und das nicht einmal als gelernte Technikerin. Lieber würde ich selbst Geräte entwickeln, selbst die Brechungen der Gläser ausrechnen, selbst festlegen, wo und in welchem Winkel geschliffen werden muss. Lieber als Zahlen in Tabellen eintragen würde ich diese Zahlen definieren.

3. Was wäre dein absoluter Traumberuf? und 4. Warum gerade dieser?

Eigentlich wollte ich Naturwissenschaftlerin werden. Physik hätte mich interessiert, Mathematik, Chemie, aber auch Biologie. Ich war auf dem Lyzeum natürlich in allen Fächern gut, sehr gut war ich. Mir liegen nicht nur die Naturwissenschaften, ich liebe auch Gedichte, Musik und Sprachen. Auch war ich sportlich, mein größter Erfolg war die mitteldeutsche Meisterschaft im Speerwurf. Aber besonders interessiert mich doch die Natur der Dinge. Außerdem fühle ich mich wohl, wenn Zahlen stimmen. Zahlen haben eine eigene Ästhetik, Formeln ziehen mich in ihrer Eleganz an. Mathematik, Chemie, das ist eine exakte Wissenschaft, ich liebe die Genauigkeit, die Sicherheit, die Präzision in den Antworten.
Ich habe mir oft vorgestellt, an der Univsersität in Jena Chemie zu studieren oder Physik, eigentlich wollte ich vor allem studieren, um den Beruf, den ich dann ausüben würde, ging es nur in zweiter Linie. Studentin wollte ich sein! Ich wollte die Professoren hören, ihre Theorien lernen und dann im Labor experimentieren, wollte messen und wiegen und überlegen, was ich womit kombinieren könnte, um zu Lösungen zu kommen. Habe mir vorgestellt, immer tiefer in die Formeln zu dringen, alleine an meinem Schreibtisch immer komplexere Formeln aufzuschreiben, mir wie Beethoven, der nicht hören konnte und doch komponierte, in meinen Heften die Reaktionen von Elementen auszurechnen, auch wenn ich sie nicht vor mir hätte. Gerne hätte ich gespürt, wie mein Verstand immer schärfer wird und immer näher an die Lösungen von Problemen herankommt, bis schließlich das Ergebnis klar und sauber auf dem Papier steht.
Doch nach dem Abitur in Arnstadt - ich hatte das beste Abitur der Stadt - durfte ich nicht studieren. Mein Vater meinte, das sei nichts für Frauen, von den Auszeichnungen und meinem Fleiß ließ er sich nicht beeindrucken
. Die guten Noten, mein Erfolg in der Schule, dass ich seit langem jüngere Schüler in Mathematik unterrichtete, das war selbstverständlich - aber doch ein Privileg meiner Mädchenjahre. So ging ich im Labor arbeiten, so nah an meiner erträumten Zukunft wie möglich. Meine jüngeren Brüder durften studieren, der eine hat dann auch die geliebten Naturwissenschaften studierte, ist Chemiker geworden und Apotheker, der andere wurde Zahnarzt. Ich selbst durfte zwar nicht an die Universität, aber meine Töchter habe ich später genau wie den Sohn studieren geschickt.

(E.S., *1909. Meine Großmutter.)

(Fragebogen bei Isa mitgenommen)

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