Dienstag, 23. Februar 2010

Fotografenherzkasper

Fotografieren ist ja eine aufregende Angelegenheit. Víctor meinte gestern, Fotografen brauchten viel Geduld - bestimmt, ganz sicher sogar: Meine erste richtige Kamera kaufte ich mir mit ungefähr 15 und verbrachte dann einen ganzen Tag unseres Dänemarkurlaubs in einem Tümpel stehend, Kamera im Anschlag, weil ich einen dieser Frösche fotografieren wollte. Ich war sehr geduldig, sehr. Mit meiner zweiten richtigen Kamera (der Contax) sind mir dann einige der ersehnten Goldaugen-Froschbilder gelungen, Froschgesichter in Nahaufnahme, Frosch an Seerose, Frosch an Frosch. Die Geduld hat sich ausgezahlt, ich musste nur 18 Jahre warten.
Es geht aber auch mit ein bisschen mehr Action, man muss auch gute Nerven haben und sich schnell entscheiden können. Als ich 2001/02 hier war und nachts die Demonstranten fotografierte, die einen Präsidenten nach dem anderen stürzten, hatte ich meinen Eltern versprechen müssen, nicht nachts rauszugehen, nicht an den Protesten teilzunehmen. Beinahe hätte mich eine Fernsehkamera internationaler Nachrichtenkanäle verraten, in deren Bild ich von der Balustrade gesprungen bin, von der aus ich einen guten Überblick hatte, außerdem war die Szene an dieser Stelle auch nachts gegen 4 bestens ausgeleuchtet. Ich musste es meiner Familie dann beichten, bevor sie mich eventuell in den Abendnachrichten sähen, die in jenen Wochen täglich einen Beitrag über den Aufruhr in Buenos Aires hatte. Aber das Foto ist gut geworden, die Demonstranten gehören zu meinen Lieblingsserien. Über ein verpasstes Foto kann ich mich tagelang, wochenlang, jahrelang ärgern. Gestern habe ich ganz ohne Gefahr für Leib und Leben einen Augenblick zu lang gezögert, sonst wäre das "Foto des Tages" vielleicht eine dunkellockige Schönheit geworden, die wegen des Wetter über ihrer Jeans knallrote Gummistiefel trug, einen ebenso roten Schal und roten Lippenstift. Sie sah umwerfend aus, aber kaum ich hatte mich entschlossen, sie zu fragen, ob ich das Foto machen dürfte, war ich von Baby B abgelenkt und die Frau schon zwischen so vielen anderen Passanten, dass der Moment vorbei war.
Einen kleinen Herzkasper hatte ich allerdings heute ganz ohne Motiv vor Augen, als ich mit Kind und Kamera über der Schulter jonglierte und mir eines von beiden abzurutschen drohte. Das Geräusch eines Objektivs auf der Kante eines Metalltischs ist nicht schön. Gar nicht. Das eines fallenden Kindes allerdings auch nicht. Und so war die beste Investition der letzten Wochen sicherlich der UV-Filter, dessen Glas am Rand nun gesplittert ist, aber das Objektiv selbst, das gute Stück, hat nichts abgekommen. Uff.
Es geht also weiter mit Fotos an dieser Stelle.

6 Kommentare:

  1. Und ich hatte irgendwann schon gedacht, das mit dem "Objektivschutz" sei nur ein gerissener Versuch der Hersteller, ihre weitgehend wirkungslosen Filter loszuschlagen.

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  2. Ach, ich hab ihn schon auch gegen Fingerabdrücke, die man dann direkt von der Linse wegwischen muss, gegen Wasserspritzer, Dreck, kleine Kratzer durch Wegwischen von selbigem. Dass es so massive Gewalt vom Objektiv fernhält, hätte ich nicht unbedingt gedacht. Bin aber umso froher.

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  3. Hat den Baby B auch ein Geräusch gemacht oder hast Du ihn nicht fallen lassen? So nen richtigen UV-Filter hat er nicht, oder? Tolle Fotos, wir lesen fleißig mit!

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  4. Hermano,
    Baby B hab ich festgehalten, keine Sorgen, Deinem Patenkind gehts gut.
    Er hat UV-Filter 50! Aber der scheint nicht gegen Metallkanten zu helfen, fürchte ich.
    Die Kamera hatte sogar den Objektivdeckel drauf, und der Filter ist trotzdem gesplittert - echt Glück gehabt.

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  5. Du kannst dir sicher vorstellen, wie mein photographierendes Herz bei diesem Post mitschlägt, nicht wahr? :)

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  6. @5Kaffeespaeter: Ja, glaub ich! Aber der Kamera gehts gut, und so hab ich gleich wieder einen kuriosen Laden kennengelernt, in einem Wohnhaus, wo man beim Pförtner fragen kann, der einen dann in ein Hinterzimmer bringt, wo ein kleiner Großhändler sitzt, der alles hat - und billig.
    Weiteratmen :-)

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